Cranio-Sacral-Therapie

Als Teil der Osteopathie gehört die Cranio-Sacral-Therapie (auch Kraniosakraltherapie oder kraniosakrale Osteopathie genannt) zu den alternativen Behandlungsformen. Sie ist eine sanfte Körpertherapie, die vor allem bei Kopfschmerzen, Migräne, Rückenschmerzen, aber auch bei Schwindel, Tinnitus, Kiefergelenkbeschwerden (z.B. CMD), psychovegetativen Störungen und anderen Beschwerden angewendet wird.

Bei diesem manuellen Verfahren werden die Handgriffe vorwiegend im Bereich des Schädels (Cranium) und des Kreuzbeins (Sacrum) ausgeführt.

Als Vater der Cranio-Sacral-Therapie gilt William G. Sutherland (1873─1954), der seinerseits ein Schüler Andrew Taylor Stills (1828─1917), des Begründers der Osteopathie, war.

Besonders intensiv erforschte Sutherland den Schädel und seine einzelnen knöchernen Strukturen. Er entdeckte, dass sich die Schädelknochen minimal bewegen und diese Bewegungen sogar einem eigenen Rhythmus folgen, unabhängig vom Atemrhythmus oder dem Puls. Diesen nannte er den Cranialen respiratorischen Impuls (CRI). Er entsteht durch den Ausstoß des Liquor cerebralis ins Cranio-Sacrale-System. Der Liquor ist eine klare, farblose Flüssigkeit, er umspült das Gehirn und Rückenmark und schützt es so vor Druck, Reibung, Stoß. Gleichzeitig ermöglicht er den Stoffaustausch zwischen Blut und Nervengewebe.

Das Gehirn wird von drei Hirnhäuten, den Meningen, umschlossen.

Die äußere Hirnhaut, auch Dura mater oder harte Hirnhaut genannt, liegt im Inneren des Schädels an und ist eine wasserundurchlässige Membran, die im Wirbelkanal bis hinunter zum Kreuzbein zieht. An ihr liegt die Arachnoidea an. Zwischen ihr und der innersten Haut, der Pia mater, liegt der Subarachnoidalraum, in ihm fließt der Liquor cerebrospinalis.

Ist nun die Zirkulation des Liquors gestört, kommt es zu einer Vielzahl an Störungen in den betroffenen Geweben.

Der Begriff craniosacrales System bezieht sich also auf die funktionale Einheit von Cranium (Schädel) und Sacrum (Kreuzbein). Weil Sutherland es als sehr bedeutsam erkannte und aufgrund seiner Ähnlichkeiten zum Atmungssystem nannte er dieses Körpersystem den Primären respiratorischen Mechanismus (PRM).

'Respiratorisch' ist im Sinne einer Gewebeatmung zu verstehen,wobei jede Körperzelle durch die feinen Bewegungen dieses Systems rhythmisch drainiert wird, wie auch die Funktion des Atemzentrums und aller anderen Hirnzentren von diesen Bewegungen abhängt. Der primär respiratorische Mechanismus (PRM) umfasst die inhärenten Bewegungen des Gehirns und Rückenmarks, die Fluktuationen der Hirn- und Rückenmarksflüssigkeit (incl. der Strukturen, die der Produktion und Resorption dieser Flüssigkeit dienen), die Beweglichkeit der Duralmembrane, die Beweglichkeit der Schädelknochen und die unwillkürliche Beweglichkeit des Kreuzbeins zwischen den Beckenknochen.

Torsten Liem: Kraniosakrale Osteopathie. Ein praktisches Lehrbuch. Stuttgart 2001